Freiwilligkeit in der Mediation
Mediator Sweti
Der Begriff der Freiwilligkeit bezeichnet im Kern die freie, unbeeinflusste Willensentscheidung einer Person. Diese Entscheidung muss ohne äußeren Zwang oder inneren Druck getroffen werden.
Kernmerkmale der Freiwilligkeit:
- Keine Zwangseinwirkung: Die Person muss frei von äußerem Druck oder Gewalt handeln. Dies schließt sowohl physischen als auch psychischen Zwang ein.
- Keine Täuschung: Die Entscheidung muss auf einer korrekten Informationsgrundlage beruhen. Täuschungen oder Irrtümer können die Freiwilligkeit beeinträchtigen.
- Keine wesentlichen Irrtümer: Die Person muss sich über die rechtlichen und tatsächlichen Folgen ihrer Handlung im Wesentlichen im Klaren sein.
- Keine Übervorteilung: Die Entscheidung darf nicht durch eine Übermacht an wirtschaftlicher oder sozialer Macht beeinflusst sein. Als Grundprinzip der Mediation und anderer außergerichtlichen Vermittlungsverfahren bedeutet die Freiwilligkeit, dass alle Beteiligten – ob Einzelpersonen, Unternehmen oder Organisationen – sich aus eigenem Antrieb und ohne äußeren Zwang an dem Verfahren beteiligen.
Warum ist Freiwilligkeit so wichtig?
- Eigenverantwortlichkeit: In einer Mediation übernehmen die Konfliktparteien die Verantwortung für die Lösung ihres Konflikts. Nur wenn die Beteiligten freiwillig an einer Lösung arbeiten, fühlen sie sich auch mit der erzielten Vereinbarung identifiziert und sind eher bereit, diese einzuhalten.
- Atmosphäre des Vertrauens: Eine Atmosphäre des Vertrauens ist für eine erfolgreiche Mediation unerlässlich. Diese kann nur entstehen, wenn alle Beteiligten das Gefühl haben, selbstbestimmt handeln zu können.
- Gestaltungsspielraum: In einem freiwilligen Verfahren haben die Beteiligten mehr Gestaltungsspielraum, um eine für alle Seiten akzeptable Lösung zu finden.
- Verhindern von Druck: Ein weiterer wichtiger Aspekt der Mediation ist die Rolle des Mediators, der unabhängig, neutral und allparteilich agieren muss. Diese Prinzipien unterstützen die Freiwilligkeit, indem sie ein faires und ausgeglichenes Verfahren gewährleisten. Der Mediator darf keine Partei bevorzugen und muss sicherstellen, dass alle Beteiligten sich sicher und respektiert fühlen. Dies fördert ein Umfeld, in dem die Parteien freiwillig und offen miteinander kommunizieren können. Zwang führt oft zu unüberlegten Entscheidungen und kann die Beziehung der Beteiligten weiter belasten.
§ 1 des Mediationsgesetz (MediationsG) definiert die grundlegenden Prinzipien der Mediation. Dort heißt es:
“(1) Mediation ist ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem die Parteien mit Hilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben.”
Die Betonung der Freiwilligkeit in diesem Zusammenhang ist von entscheidender Bedeutung. Im juristischen Kontext bedeutet dies, dass die Parteien sich aus eigenem Antrieb und ohne äußeren Zwang dazu entscheiden, eine Mediation in Anspruch zu nehmen. Dies gewährleistet, dass die Konfliktparteien aktiv und willentlich an der Lösung ihres Konflikts mitwirken, was die Effektivität und Akzeptanz der erzielten Vereinbarungen erhöht. Die Freiwilligkeit schützt zudem die Autonomie der Parteien und stellt sicher, dass jede Partei zu jedem Zeitpunkt die Möglichkeit hat, die Mediation zu beenden, falls sie überzeugt ist, dass das Verfahren nicht ihren Interessen dient.
Anfangsphasen einer freiwilligen Mediation
Die Bedeutung der Anfangsphasen einer Mediation ist entscheidend. Eine gründliche Vorbereitung und das Einverständnis aller Beteiligten sind notwendig, um die Freiwilligkeit zu gewährleisten. Dazu gehören:
- Klärungsgespräche: Vor Beginn der eigentlichen Mediation führen Mediatoren Einzelgespräche mit den Konfliktparteien, um deren Bereitschaft zur Mediation sicherzustellen und ihre Erwartungen zu klären.
- Kontraktphase: In dieser Phase wird ein Mediationsvertrag abgeschlossen, der die Regeln und Rahmenbedingungen des Verfahrens festlegt. Dies umfasst auch die Bestätigung, dass die Teilnahme freiwillig erfolgt. Diese Schritte sind essenziell, um sicherzustellen, dass die Mediation auf einer soliden Basis der Freiwilligkeit und des gegenseitigen Einverständnisses beginnt.
Ausnahmen von der Freiwilligkeit Obwohl die Freiwilligkeit ein grundlegendes Prinzip ist, gibt es in einigen Rechtsordnungen Ausnahmen. So kann ein Gericht in bestimmten Fällen die Teilnahme an einer Mediation anordnen. Auch in Unternehmen kann es betriebliche Regelungen geben, die eine Mediation bei bestimmten Konflikten vorsehen.
Wichtig ist jedoch: Auch wenn die Teilnahme an einer Mediation angeordnet wird, muss die eigentliche Einigung immer freiwillig erfolgen. Niemand kann gezwungen werden, einer bestimmten Lösung zuzustimmen.
Problematik von Mediationsklauseln und deren Vereinbarkeit mit der Freiwilligkeit
Mediationsklauseln in Verträgen verpflichten die Vertragsparteien dazu, vor der Anrufung eines Gerichts zunächst eine Mediation durchzuführen. Obwohl diese Klauseln die Freiwilligkeit der Mediation zu untergraben scheinen, können sie dennoch rechtmäßig und wirksam sein, wenn sie korrekt formuliert sind. Solche Klauseln sollen den Parteien helfen, sich an ihre ursprüngliche Absicht zu erinnern, Konflikte einvernehmlich zu lösen.
Eine solche Klausel könnte wie folgt aussehen:
„Die Vertragsparteien verpflichten sich, im Falle von Meinungsverschiedenheiten oder Streitigkeiten, die sich aus diesem Vertrag ergeben, eine Mediation durchzuführen, bevor sie gerichtliche Schritte einleiten.“
Diese Formulierung bewahrt die Freiwilligkeit insoweit, als die Parteien zwar zur Teilnahme an einer Mediation verpflichtet sind, jedoch nicht zur Erzielung einer Einigung gezwungen werden. Der Prozess bleibt freiwillig in dem Sinne, dass die Parteien die Mediation jederzeit abbrechen können.
Mediation im organisatorischen Kontext: Arbeitsvertragliche Verpflichtungen und die Direktionsgewalt
Im organisatorischen Kontext, insbesondere in Unternehmen, spielt die Direktionsgewalt der Vorgesetzten/Arbeitgeber eine entscheidende Rolle. Die Direktionsgewalt gibt Führungskräften ein weites Ermessen, um die Arbeit ihrer Mitarbeiter zu organisieren und zu leiten. Dazu gehört auch die Möglichkeit, Maßnahmen zur Konfliktlösung zu ergreifen, um ein funktionierendes Arbeitsklima wiederherzustellen und die Leistungsfähigkeit der Abteilung zu erhalten.
Positive Einflüsse der Direktionsgewalt auf die Mediation
- Verpflichtung zur Konfliktlösung: Die Direktionsgewalt kann als Anreiz dienen, Konflikte innerhalb der Organisation zu lösen. Arbeitgeber haben ein berechtigtes Interesse daran, ein gutes Arbeitsklima zu schaffen und die Produktivität zu steigern.
- Bereitstellung von Ressourcen: Arbeitgeber können die Mediation durch die Bereitstellung von Ressourcen, wie beispielsweise der Bezahlung eines Mediators oder der Freistellung der Beteiligten während der Mediation, unterstützen.
- Klärung von Machtverhältnissen: Die Mediation kann dazu beitragen, die durch die Direktionsgewalt bestehenden Machtverhältnisse zu klären und eine ausgewogenere Kommunikation zu ermöglichen.
Herausforderungen durch die Direktionsgewalt für die Mediation
- Druck auf die Mitarbeiter: Die Unterordnung unter die Direktionsgewalt kann dazu führen, dass Mitarbeiter sich unter Druck gesetzt fühlen, an einer Mediation teilzunehmen oder bestimmte Positionen einzunehmen.
- Befürchtung von Konsequenzen: Mitarbeiter könnten befürchten, dass eine offene Auseinandersetzung in der Mediation negative Konsequenzen für ihre berufliche Zukunft hat.
- Mangelnde Freiwilligkeit: Wenn die Teilnahme an einer Mediation vom Arbeitgeber als obligatorisch angesehen wird, kann die Freiwilligkeit, die für eine erfolgreiche Mediation unerlässlich ist, beeinträchtigt werden.
Arbeitsvertragliche Verpflichtung zur Mediation
Arbeitsverträge können Klauseln enthalten, die Mitarbeiter verpflichten, an einer Mediation teilzunehmen.
- Individuelle Vereinbarungen: Arbeitgeber und Arbeitnehmer können in ihren Arbeitsverträgen oder Zusatzvereinbarungen die Durchführung einer Mediation bei Konflikten vereinbaren.
- Betriebliche Vereinbarungen: In Unternehmen mit Betriebsrat können betriebliche Vereinbarungen getroffen werden, die die Durchführung von Mediationen regeln.
Eine typische Klausel könnte folgendermaßen formuliert sein:
„Im Falle von Konflikten am Arbeitsplatz verpflichten sich die Parteien, zunächst eine innerbetriebliche Mediation durchzuführen, bevor andere Konfliktlösungsmechanismen in Anspruch genommen werden.“
Solche Klauseln sind dazu gedacht, die Effizienz und Harmonie am Arbeitsplatz zu fördern und kostspielige sowie zeitraubende Gerichtsverfahren zu vermeiden. Obwohl die Teilnahme an der Mediation verpflichtend sein kann, bleibt die Einigung in der Mediation freiwillig. Hier zeigt sich der Einfluss des Direktionsrechts: Führungskräfte können ihre Mitarbeiter zur Teilnahme an einer Mediation anweisen, um die Arbeitsfähigkeit des Teams sicherzustellen und Konflikte konstruktiv zu lösen.
Verweigerung der Teilnahme und arbeitsrechtliche Konsequenzen
Ein Mitarbeiter kann die Teilnahme an einer innerbetrieblichen Mediation verweigern, muss jedoch die möglichen arbeitsrechtlichen Konsequenzen bedenken. Die Verweigerung kann als Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten angesehen werden, insbesondere wenn die Teilnahme an der Mediation im Arbeitsvertrag festgelegt ist, auch indirekt und/oder verklausuliert. Mögliche Konsequenzen umfassen:
- Abmahnung: Eine formelle Warnung, dass die Verweigerung der Teilnahme eine Vertragsverletzung darstellt.
- Kündigung: In schwerwiegenden Fällen oder bei wiederholter Verweigerung kann dies zur Kündigung führen.
Ein solcher Fall kann auftreten, wenn die Mediation als notwendiger Schritt zur Sicherstellung eines funktionierenden Arbeitsumfelds und zur Vermeidung von weiteren Eskalationen angesehen wird. Die Direktionsgewalt bzw. Weisungsbefugnis der Vorgesetzten ermöglicht es, Maßnahmen zur Konfliktlösung anzuordnen, jedoch bleibt die Freiwilligkeit in Bezug auf die eigentliche Einigung unberührt. Mitarbeiter müssen zwar an der Mediation teilnehmen, können jedoch nicht zur Akzeptanz einer bestimmten Lösung gezwungen werden.
Fazit
Die Freiwilligkeit ist ein zentrales Prinzip der Mediation und bildet die Grundlage für deren Erfolg. Sie gewährleistet, dass die Parteien aktiv und willentlich an der Konfliktlösung mitwirken. Obwohl es Situationen gibt, in denen die Teilnahme an einer Mediation verpflichtend erscheinen mag, bleibt der Kern der Mediation – die freiwillige und eigenverantwortliche Beilegung von Konflikten – unberührt. Arbeitsverträge können Klauseln enthalten, die eine Mediation als ersten Schritt der Konfliktlösung vorschreiben, jedoch müssen diese Klauseln so gestaltet sein, dass sie die Freiwilligkeit und die Autonomie der Parteien respektieren. Die Verweigerung der Teilnahme an einer solchen Mediation kann arbeitsrechtliche Konsequenzen haben, doch die Einigung in der Mediation bleibt stets freiwillig. Das Direktionsrecht der Vorgesetzten spielt hierbei eine wesentliche Rolle, indem es die Teilnahme an der Mediation zur Sicherstellung eines funktionierenden Arbeitsumfelds anordnen kann, ohne die Freiwilligkeit der Einigung zu beeinträchtigen.