Kreationsphase in der Mediation – Möglichkeitsräume gestalten statt Kompromisse suchen
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Kreationsphase – Möglichkeitsräume gestalten statt Kompromisse suchen
Nachdem in der Klärungsphase (P2) die inneren Landkarten der Beteiligten sichtbar wurden, beginnt in der Kreationsphase der Mediation ein ganz anderer Modus: Aus dem „Warum?“ wird ein „Was wäre möglich?“. Systemisch gesprochen beginnt die Arbeit an alternativen Beobachtungs- und Deutungsangeboten – nicht nur auf der Ebene der Lösung, sondern auch hinsichtlich des Verständnisses für sich selbst, die anderen und den Kontext des Konflikts.
In klassischen Mediationsmodellen steht hier oft die Suche nach gemeinsamen Interessen im Zentrum. Das Harvard-Konzept spricht vom Prinzip „Lösungsoptionen zum beiderseitigen Vorteil entwickeln“ – und liefert dafür methodische Struktur: Kreativtechniken, Brainstormings, Bewertungskriterien. Auch in der systemischen Praxis sind diese Werkzeuge nützlich – doch der Fokus verschiebt sich: Nicht die optimale Lösung steht im Vordergrund, sondern die Erweiterung der Anschlussfähigkeit.
Mehr zur Harvard-Technik findest du hier:
👉 Harvard-Konzept systemisch betrachtet: Lösungsoptionen entwickeln
Vom Entweder-oder zum Sowohl-als-auch
Systemisch betrachtet ist jede Entscheidung ein Selektionsakt – also eine Einschränkung der Möglichkeitsräume. Doch gerade im Konflikt fühlen sich diese Räume oft wie Sackgassen an. Die Kreationsphase will sie wieder öffnen. Der zentrale Leitsatz lautet:
„Lösungen entstehen nicht durch Konsens, sondern durch Anschlussfähigkeit innerhalb unterschiedlicher Beobachtungslogiken.“
Das bedeutet: Nicht die eine „beste“ Lösung soll gefunden werden, sondern eine Lösung, die von allen Beteiligten aus ihrer jeweiligen Perspektive heraus als gangbar erlebt werden kann. Das verlangt eine hohe Differenzierung: Was braucht es, damit jemand Ja sagen kann – ohne sich zu verbiegen? Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit unterschiedliche Wirklichkeiten in einer Vereinbarung koexistieren können?
Hier zeigt sich eine zentrale Abgrenzung zum klassischen Konsensverständnis: Konsens meint oft die kleinste gemeinsame Schnittmenge – systemisch suchen wir nach Lösungen, die mehrdeutig anschlussfähig sind. Das erfordert die Fähigkeit, sich in den Möglichkeitsraum der anderen hineinzuversetzen – nicht, um ihn zu übernehmen, sondern um die eigenen Optionen daran zu spiegeln.
Entscheidungsprozesse als Resonanzphänomene
In der systemischen Praxis verstehen wir Entscheidung nicht als rein rationalen Prozess, sondern als dynamisches Resonanzgeschehen. Eine Option wird dann relevant, wenn sie emotional und funktional resonant ist – also sowohl innerlich stimmig als auch im Kontext tragfähig.
Hier beginnt die Arbeit mit Ambiguität: Es kann mehrere richtige Wege geben – aber nicht jeder ist für jede:n gangbar. Anstatt nach der objektiv besten Lösung zu suchen, erkundet die Mediationsgruppe: Was funktioniert für uns – unter unseren Bedingungen, mit unserer Geschichte und unseren Zielen?
Diese Haltung erlaubt es, auch Unsicherheit zu integrieren: Eine gute Lösung muss nicht „perfekt“ sein – sie muss ausreichend tragfähig sein, um weiterzugehen. Systemische Mediator:innen fragen daher nicht: „Ist das die richtige Entscheidung?“, sondern: „Was macht es möglich, dass ihr diesen Schritt gemeinsam gehen könnt?“
Dynamiken und typische Stolpersteine in der Kreationsphase
Die Lösungsphase ist selten konfliktfrei. Häufige Dynamiken sind:
- Rückfall in P2: Alte Positionen werden neu verpackt, statt neue Optionen zu entwickeln.
- Entscheidungslähmung: Zu viele Optionen, zu wenig Differenzierung, unklarer Möglichkeitsraum.
- Pragmatische Übersprungshandlung: Eine schnelle Lösung wird gefunden, um die Spannung zu beenden – nicht, weil sie tragfähig ist.
Systemische Interventionen setzen hier an:
- Hypothesenarbeit zur Funktion von Lösungswünschen: „Wofür wäre diese Lösung ein guter Kompromiss – und was würde sie überdecken?“
- Temporäre Rollenverschiebung: „Was würde Ihre Kollegin zu dieser Lösung sagen – und was Sie daran irritieren?“
- Zukunftsprojektionen: „Stellen Sie sich vor, es ist in sechs Monaten gelöst – was genau ist dann anders?“
- Ambiguitätsfreundliche Formulierungen: „Die Beteiligten streben eine Klärung an, deren Umsetzung schrittweise angepasst werden kann.“

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Fazit: Verständigung ist mehr als Einigung
Die Kreationsphase ist mehr als ein pragmatischer Schritt zur Einigung. Sie ist die systemische Probe darauf, ob Verständigung nicht nur in Worten möglich ist, sondern auch in Entscheidungen. Wer sie gut gestaltet, fördert nicht nur tragfähige Lösungen – sondern stärkt auch die kollektive Fähigkeit zur Kooperation im Ungewissen.
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